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Meilenstein der Hirnforschung: Bremer Team entschlüsselt Informationsverarbeitung

Forschende der Universit?t Bremen haben erstmals gezeigt, dass der exakte Zeitpunkt, zu dem ein Signal auf aufnahmebereite Nervenzellen trifft, über seine Verarbeitung entscheidet – und dass Aufmerksamkeit diese Taktung gezielt für die Verarbeitung relevanter Informationen nutzt.

Dass das Gehirn Informationen bevorzugt verarbeitet, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten, ist seit Langem bekannt – ein klassisches Beispiel ist der sogenannte Cocktailparty-Effekt: ?In einer Umgebung voller Stimmen, Musik und Nebenger?usche gelingt es dem Gehirn, sich auf eine einzelne Stimme zu konzentrieren. Die übrigen Ger?usche sind objektiv nicht leiser, werden aber in diesem Moment weniger stark wahrgenommen“, erl?utert Hirnforscher Dr. Eric Drebitz von der Universit?t Bremen. Das Gehirn richte seine Verarbeitung auf die gerade relevanten Informationen aus – in diesem Fall die Stimme des Gespr?chspartners oder der Gespr?chspartnerin –, w?hrend andere Signale zwar eintreffen, jedoch nicht in gleichem Ma?e weitergeleitet und verarbeitet würden.

Drebitz: ?Unklar war bislang, wie dieser überlebenswichtige Mechanismus der Auswahl relevanter Informationen gesteuert wird: Wenn man eine Stra?e überquert und pl?tzlich ein Auto von der Seite auftaucht, richtet das Gehirn seine Verarbeitung sofort auf diese eine visuelle Information – die Bewegung des Fahrzeugs – aus. Andere Eindrücke wie Schilder, Passanten oder Werbetafeln treten in den Hintergrund, weil sie die Aufmerksamkeit ablenken und die Reaktion verlangsamen würden. Nur durch diese gezielte Priorisierung ist es m?glich, schnell zu reagieren und auszuweichen.“

Zeitliche Abstimmung: der Schlüssel zur Informationsverarbeitung

Das Team um Neurowissenschaftler Andreas Kreiter und Eric Drebitz hat nun erstmals kausal nachgewiesen, wie das Gehirn relevante Informationen weiterleitet und verarbeitet: ?Ob ein Signal im Gehirn weiterverarbeitet wird, h?ngt entscheidend davon ab, ob es im richtigen Moment – in einer kurzen Phase erh?hter Empf?nglichkeit der Nervenzellen – eintrifft“, erl?utert der Neurowissenschaftler Drebitz: ?Nervenzellen arbeiten nicht kontinuierlich, sondern in einem schnellen Takt: Für wenige Millisekunden sind sie besonders aktiv und empf?nglich, dann folgt ein Zeitfenster geringerer Aktivit?t und Erregbarkeit. Dieser Zyklus wiederholt sich etwa alle 10 bis 20 Millisekunden. Nur wenn ein Signal kurz vor dem H?hepunkt dieser aktiven Phase eintraf, ver?nderte es das Verhalten der Neurone.“ Diese zeitliche Abstimmung sei der grundlegende Mechanismus der Informationsverarbeitung. Die Aufmerksamkeit nutze diesen Mechanismus gezielt, indem sie die Taktung der Nervenzellen so ausrichte, dass relevante Signale genau in diesem Zeitfenster ank?men, w?hrend andere au?en vor blieben.

Um die Ursache für diesen grundlegenden Mechanismus unseres Gehirns nachweisen zu k?nnen, wurde die selektive Reizweiterleitung bei Rhesusaffen untersucht – einer Art, die dem Menschen in der Organisation der Gro?hirnrinde stark ?hnelt. Die Tiere l?sten am Bildschirm eine visuelle Aufgabe, w?hrend in einem frühen Abschnitt des visuellen Verarbeitungswegs (Areal V2) sehr schwache elektrische Reize erzeugt wurden. Diese künstlichen Signale hatten keinen Bezug zur Aufgabe und dienten ausschlie?lich als Testreize. Anschlie?end analysierte das Team, wie sich diese Signale auf ein nachgeschaltetes Areal (Areal V4) auswirkten. ?Die künstlich ausgel?sten Signale beeinflussten die Aktivit?t der Nervenzellen in V4 nur dann, wenn sie in einer kurzen Phase erh?hter Empf?nglichkeit eintrafen. Kam dasselbe Signal zu früh oder zu sp?t, blieb es wirkungslos. Traf es im sensiblen Zeitfenster ein, ver?nderte es nicht nur die Aktivit?t der Nervenzellen, sondern auch das Verhalten der Tiere: Sie reagierten langsamer und machten 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 Fehler – woraus sich schlie?en l?sst, dass das Testsignal, das keine Informationen für die Aufgabe enthielt, Teil der Verarbeitung wurde und so die Durchführung der eigentlichen Aufgabe st?rte“, sagt Drebitz.

Wichtig für Verst?ndnis des Gehirns und Behandlung von Alzheimer und ADHS

?Die Ergebnisse bieten eine Grundlage für pr?zisere Modelle des Gehirns. Sie zeigen, wie Informationen ausgew?hlt und gewichtet werden, bevor sie zu Wahrnehmung, Lernen und Verhalten führen“, so Drebitz. Dieses Wissen sei jedoch nicht nur für die Grundlagenforschung von Bedeutung, sondern etwa auch für die Medizin, ?da Krankheiten wie zum Beispiel Alzheimer oder ADHS mit Problemen bei der selektiven Verarbeitung und Speicherung von relevanten Informationen einhergehen. Und für neue Technologien wie Brain-Computer-Interfaces, die direkt mit dem Gehirn kommunizieren.“ Damit solche Systeme zuverl?ssig arbeiteten, müssten sie Informationen exakt getaktet einspeisen und die Muster der Nervenzellen korrekt auslesen. Auch die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) k?nne von diesen Prinzipien profitieren, da sie als Vorlage für besonders flexible und effiziente Verarbeitung dienen k?nne.

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Drebitz, E., Rausch, LP. & Kreiter, A.K. Gamma-band synchronization between neurons in the visual cortex is causal for effective information processing and behavior. Nat Commun16, 7380 (2025).

https://www.nature.com/articles/s41467-025-62732-8

https://doi.org/10.1038/s41467-025-62732-8

/brain

https://uni-bremen.de

Fragen beantwortet:

Dr. Eric Drebitz
Kognitive Neurophysiologie
Universit?t Bremen
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Dr. Eric Drebitz und sein Team beim Sichten von Forschungsergebnissen.
Dr. Eric Drebitz (Mitte) und sein Team beim Sichten von Forschungsergebnissen.