Nr. 183 / 21. September 2017 MM
Es war ein Berufsverbot, das vor allem junge Menschen, die im ?ffentlichen Dienst arbeiten wollten, schwer traf und verunsicherte: Vor 45 Jahren haben die Ministerpr?sidenten und Bundeskanzler Willy Brandt den sogenannten Radikalenerlass unterzeichnet. ?Verfassungsfeinde“ sollten aus dem ?ffentlichen Dienst – Verwaltung, Polizei, Schulen und Hochschulen – entfernt beziehungsweise gar nicht erst eingestellt werden. Mit den Ursachen und Folgen dieses Beschlusses und dessen Umsetzung in Bremen befasst sich die mittlerweile 11. szenische Lesung des erfolgreichen Projekts ?Aus den Akten auf die Bühne“. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Geschichtsstudierenden der Universit?t Bremen und der bremer shakespeare company (bsc). Unter dem Titel ?Staatsschutz, Treuepflicht, Berufsverbot – (k)ein abgeschlossenes Kapitel der westdeutschen Geschichte“ findet am Mittwoch, 27. September 2017, um 19.30 Uhr die Premiere in der Hochschule für Künste statt (Dechanatstra?e 13-15, 28195 Bremen). Dabei wird auch Jutta Rübke, nieders?chsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Schicksale der von Berufsverboten betroffenen Personen, anwesend sein. Karten gibt es für jeweils 13 Euro (erm??igt 6 Euro) bei der bsc. Weitere Termine finden am 17. Oktober, 23. November und 19. Dezember jeweils um 19.30 Uhr im Theater am Leibnizplatz statt. Am 3. Dezember beginnt die Lesung bereits um 18 Uhr mit einer anschlie?enden Podiumsdiskussion.
Anwalt gab Akten an das Staatsarchiv
Grundlage der Lesung sind 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere F?lle aus Bremen. Ihre Akten liegen im Staatsarchiv, da ihr Rechtsanwalt Gerhard Baisch sie dorthin gegeben hatte. Die meisten Betroffenen haben eingewilligt, dass ihre Akten ?zum Sprechen“ gebracht werden dürfen. Mit ausgew?hlten Dokumenten und Artikeln aus der nationalen und internationalen Presse wird der Radikalenbeschluss in der Geschichte Westdeutschlands verortet.
Zwei Beispiele: der Fall Heidi Schelhowe und Horst Holzer
Ein Fall betrifft Heidi Schelhowe, die heute Informatikprofessorin der Universit?t Bremen ist. Vor ihrer wissenschaftlichen Laufbahn machte Schelhowe von 1973 bis 1975 ein Referendariat und die Prüfung für das Lehramt an Gymnasien in Bremen. Sie unterstützte den Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW). Nach einem 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育j?hrigen Rechtsstreit wurde sie deshalb im Jahr 1982 aus dem Staatsdienst entlassen. Ein weiterer Fall ist der des Kommunikationswissenschaftlers Horst Holzer. Der Bremer Senat lehnte im Juli 1971 seine Berufung an die neue Universit?t ab, weil Holzer Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) war. Diese Entscheidung hatte gravierende biografische Folgen für den Wissenschaftler. Er verlor seine Professur an der Universit?t München und auch andere Wissenschaftsministerien lehnten seine Berufung ab. Alle weiteren Versuche, im Wissenschaftsbetrieb Fu? zu fassen, schlugen fehl.
?Die Forschung steht noch in den Anf?ngen“
?Die Forschung zum Radikalenbeschluss, der die kritischen Vertreterinnen und Vertreter einer Generation verunsicherte, steht noch in den Anf?ngen“, erkl?rt die Leiterin des Projekts, Eva Sch?ck-Quinteros. ?Bremen ist unter 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育eren Gesichtspunkten besonders spannend.“ Bedeutende Aspekte seien etwa die Gründung der Universit?t und die Sorge des Staates, dass vor allem ?linke Extremisten“ von ihr angezogen würden, in Bremen studieren wollten oder sogar Stellen bek?men. Hinzu kam Bremens damalige Bürgermeister Hans Koschnick, der relativ früh den ?Extremistenbeschluss“ als Fehler bezeichnete und dessen Anwendung zu entsch?rfen versuchte. Schlie?lich beschlossen Bürgerschaft und Senat – nach jahrelangen Initiativen der Fraktion Die Grünen –, die Richtlinien aufzuheben, die Betroffenen zu rehabilitieren und zu entsch?digen. Ein Sammelband mit Beitr?gen, zahlreichen Abbildungen und Dokumenten wird zu der Premiere erscheinen. Herausgeberinnen sind Sigrid Dauks vom Universit?tsarchiv sowie Anna Mamzer und Eva Sch?ck-Quinteros vom Institut für Geschichtswissenschaft der Universit?t Bremen.
?Aus den Akten auf die Bühne“ feiert zehnj?hriges Bestehen
Unter dem Motto ?Aus den Akten auf die Bühne“ entstehen seit 2007 Geschichts- und Theaterprojekte zu Themen aus der Vergangenheit der Hansestadt. Das zweisemestrige Projekt bietet die Dozentin Dr. Eva Sch?ck-Quinteros im Studienschwerpunkt ?Geschichte in der ?ffentlichkeit“ an. Die dramaturgische Gestaltung und künstlerische Umsetzung übernimmt die bremer shakespeare company. Ziel ist es, quellenbasierte Forschung anschaulich zu vermitteln. Dabei erm?glicht das Projekt einen vielf?ltigen Blick auf historische Prozesse und deren Aktualit?t in heutigen Debatten. Aus Anlass des zehnj?hrigen Bestehens der Projektreihe findet im Theater der bremer shakespeare company am Leibnizplatz die Tagung ?Geschichte im Rampenlicht“ vom 19. bis 21. Oktober 2017 statt.
Mehr Informationen gibt es unter diesen Links: www.sprechende-akten.de , www.facebook.com/sprechende.akten und www.shakespeare-company.com/programm/staatsschutz-treuepflicht-berufsverbot
Kontakt:
Universit?t Bremen
Institut für Geschichtswissenschaft
Dr. Eva Sch?ck-Quinteros
Telefon: 0421 218-67251
E-Mail: esqprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de