Das Werk von Jan Groover (1943-2012) ist in ihrer Heimat USA überaus bekannt. 1979 war es eines ihrer Stillleben, das als erste Fotografie überhaupt auf dem Cover des Kunstmagazins Artforum International abgebildet wurde. 1987 wurde ihr Schaffen in einer Einzelausstellung am MoMA Museum of Modern Art New York vorgestellt und ist in den Sammlungen der gro?en amerikanischen Museen pr?sent. Und Generationen von Künstler/innen hat sie durch ihre T?tigkeit als Professorin für Fotografie an der State University, New York, beeinflusst (so studierte z.B. Gregory Crewdson bei ihr). In Europa dagegen kennt man ihre Arbeit bisher kaum. Hier wird sie vor allem von einer jüngeren Generation von Fotograf/innen als wichtige Impulsgeberin gesch?tzt, etwa von Annette Kelm oder Wolfgang Tillmans. In den europ?ischen Institutionen spielt ihr Schaffen bis zum heutigen Tag jedoch keine Rolle – mit einer gewissen Ausnahme von Frankreich, wo sie von 1991 bis zu ihrem Tod lebte.
In den 1960er Jahren zun?chst als abstrakte Malerin ausgebildet, wendet Groover sich in den frühen 1970er Jahren der Fotografie zu, da ihr dieses Medium freier und künstlerisch offener scheint als die m?nnlich dominierte Malerei. Eine malerische Herangehensweise bleibt jedoch auch in ihren fotografischen Arbeiten erkennbar und ?u?ert sich von Beginn an in deren sorgf?ltiger Komposition und dem Schmelz der Farben und Oberfl?chen. Groovers Aufnahmen spiegeln ihre Vorliebe etwa für Fra Angelico und die Meister der europ?ischen Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, besonders aber für Cézanne oder Morandi – und verwandeln deren Ans?tze in etwas sehr Zeitgen?ssisches. Sie fordern die Grenzen des fotografischen Mediums heraus, indem sie sich von der mit ihm allgemein assoziierten, vermeintlichen Authentizit?t und dem Dokumentarcharakter distanzieren und ein pr?zise komponiertes Bild pr?sentieren: Farbe und Form rücken in den Fokus, Perspektiven werden vermengt und aufgehoben und Licht wird zum Gegenstand an sich in reflektierenden Oberfl?chen.
Besonders deutlich zeigt sich dieser Ansatz in den Stillleben, die sie seit Ende der 1970er Jahre aus den Ger?tschaften ihrer Küche zusammenstellt: Allt?gliche Objekte wie Pfannenwender, Messerklingen, Schneebesen, Gabelzinken, Eierschneider oder Backformen werden gemeinsam mit Pflanzenbl?ttern und Gemüse zu etwas au?erhalb ihres Gegenstandes überh?ht. Bei Groover sind es nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 die üppig gedeckten Festtafeln der Wohlhabenden oder symbolisch aufgeladene Arrangements aus Früchten und Blumen, sondern die Küchenutensilien der Hausfrau, die sich im Abwaschbecken stapeln, die auf ihre formalen Wirkungen im Zusammenspiel von Struktur, Licht, Form und Farbe untersucht werden. Die Kitchen Still Lifes verknüpfen Groovers fotografischen Ansatz auf subtile Weise mit feministischen Fragestellungen, wie sie sich z.B. in Martha Roslers Semiotics of the Kitchen von 1975 oder rund ein Jahrzehnt sp?ter in den Strickbildern von Rosemarie Trockel finden. Darüber hinaus erinnert ihre Befragung der Konventionen ihres Mediums an die Ans?tze von Zeitgenoss/innen wie Cindy Sherman oder Richard Prince. Auch bei Groover rückt das Banale des amerikanischen Alltags mit den Mitteln der Fotografie in den Vordergrund, jedoch auf eine Weise, die die ?sthetischen Qualit?ten durchschnittlicher Hausfrauenutensilien transformiert und die Poesie des Einfachen offenbart. Groovers Arbeiten wohnt damit eine Komplexit?t inne, die der langj?hrige Direktor der fotografischen Abteilung des MoMA Museum of Modern Art New York, John Szarkowski, in der ?u?erung zusammenfasste: ?Her pictures were good to think about because they were first good to look at.“ In einem Text von 1994 setzte er die Künstlerin gar in eine Entwicklungslinie mit Fotografiegr??en wie Walker Evans, Edward Weston, Dorothea Lange oder Henri Cartier-Bresson.
Wie die Küchenger?tschaften der Kitchen Still Lives entstammen auch Groovers weitere Themenstr?nge dem Alltag. Ihr Interesse an den Anf?ngen der Fotografie führt sie etwa zu den Bewegungsstudien von Eadweard Muybridge. Wenige Jahre vor den Kitchen Still Lifes entstehen so konzeptuell anmutende Bilderserien von amerikanischen Highways oder Wohnungssiedlungen, die vom immer gleichen fotografischen Standpunkt der Bewegung von Autos folgen, einen identischen LKW als Sequenz aus dem Bild verschwinden lassen oder Fahrzeuge bestimmter Farbgebung im Moment der Bilddurchquerung wiedergeben. Schon hier ?u?ert sich Groovers Interesse an den bildgestaltenden Qualit?ten von Farbe und Form sowie an der Fotografie als zeitbasiertem Medium.
Seit Anfang der 1980er Jahre entstehen darüber hinaus Aufnahmen, die den menschlichen K?rper, Naturelemente oder Geb?ude zu einem ?ber- und Nebeneinander unterschiedlich verlaufender Linien auf der Bildfl?che fragmentieren: Trotz des reduzierten Schwarz-Wei? ?ffnen sich diese Bilder neben ihren formalen Aspekten immer auch einem stark atmosph?rischen Moment. Parallel führt Groover die Stillleben-Thematik der Kitchen Still Lives fort, nun anhand von unterschiedlichen Alltagsgegenst?nden, die pr?zise zu surrealistischen, bühnenartigen Settings zusammengefügt werden und an den Bildaufbau bei Morandi oder De Chirico erinnern.
Die Ausstellung von Jan Groover in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst ist die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin in Europa au?erhalb Frankreichs und wird Werkbeispiele seit den 1970er Jahren exemplarisch vorstellen.
Sie wird erg?nzt von einem ausführlichen Begleitprogramm mit Führungen, Vortr?gen, Gespr?chen und einem Kinderworkshop.
Kuratorin: Janneke de Vries
GAK GESELLSCHAFT F?R AKTUELLE KUNST
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