Informativ und kontrovers: Podiumsdiskussion über Putins Krieg gegen die Ukraine

?Ingo Charton

In diesem Jahr beteiligte sich der Alumni-Verein an der Europawoche Bremen zusammen mit der Bremischen Bürgerschaft und der gemeinsamen Podiumsdiskussion ?Putins Krieg gegen die Ukraine – europ?ische Politik und Sicherheitsarchitektur“. Bürgerschaftspr?sident Frank Imhoff begrü?te am 5. Mai rund 100 Teilnehmer:innen im Festsaal der Bürgerschaft: ?Nur zwei Flugstunden von Berlin entfernt herrscht Krieg, wie wir ihn uns nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 h?tten vorstellen k?nnen in Europa – ein Angriff auch auf unsere Fundamente.“ Wie sehr dieser Krieg auch die Menschen hier berührt, wurde deutlich in der von Christoph Sodemann moderierten Diskussion zwischen dem Bremer Historiker Eichwede, dem Bundestagsabgeordneten R?wekamp und dem EU-Abgeordneten Schuster – alle Alumni der Universit?t. Ein h?chst informativer Abend, emotional und kontrovers. Die Diskussion ist als Audio-Mitschnitt auf YouTube verfügbar.

Am Anfang stand ein Exkurs in die Geschichte:

Wie konnte es sein, dass die Ukrainer:innen und ihr Land in Deutschland so wenig wahrgenommen wurden, obwohl ihre Geschichte eigentlich eng mit Europa verbunden ist? Unsere Wahrnehmung sei gepr?gt von einem Gro?machtblick auf Osteuropa, meinte der Historiker Wolfgang Eichwede, Gründungsdirektor der Forschungsstelle Osteuropa an der Universit?t Bremen. ?Das ist nicht nur eine Frage der Kultur, sondern war Teil der preu?ischen und sp?ter der Bismarckischen-deutschen Staatsr?son.“ Neben ihrer fraglichen staatlichen Identit?t habe die Ukraine mit ihren heute rund 40 Millionen Einwohnern wie kein anderes Land in Europa im 20. Jahrhundert unter einem enormen Bev?lkerungsverlust gelitten. Mehr als 25 Millionen Menschen sind dort zwischen 1914 und 1945 get?tet worden, darunter auch die Führungsschichten. Allein die Vernichtung von 2,5 Millionen Juden sei ein unvorstellbarer Verlust für das intellektuelle Leben in der Ukraine gewesen.

Wann h?tte die deutsche Russland-Politik sich neu orientieren müssen?

Sp?testens bei der Besetzung des Donbass und der Krim h?tte die europ?ische Politik energisch dagegen halten müssen, sagte Dr. Joachim Schuster, Bremer Europaparlamentier der SPD. ?Dennoch m?chte ich eine Lanze für die Entspannungspolitik seit den 1970er Jahren brechen. Die Politik des ?Wandels durch Handel“ war mit einer starken milit?rischen Komponente verbunden. Von diesem Modell sollten wir auch heute nicht abweichen, aber die Abschreckungskomponente deutlich st?rken.“ Dass enge diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zu Russland den Frieden sichern, war breiter gesellschaftlicher Konsens, sagte auch Thomas R?wekamp, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Bremen. ?Das war der gr??te Irrtum der deutschen Au?enpolitik, und der betrifft nicht nur Putin, sondern die gesamte russische Elite.“

Viel weiter ging der politische Konsens aber nicht.

Vor allem über die Lieferung schwerer Waffen entwickelte sich ein heftiger Disput. Joachim Schuster h?lt davon nichts und pl?dierte für Zurückhaltung und eine verst?rkte Suche nach Wegen zur Deeskalation. Jede weitere Lieferung von Waffen werde Deutschland zunehmend zur Kriegspartei machen und die Gefahr einer weiteren Eskalation dieses Krieges bergen. Thomas R?wekamp zeigte sich entsetzt, dass der Bremer SPD-Europaparlamentarier gegen die Beschlüsse seiner Partei die Ukraine nicht mit Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen den verbrecherischen Krieg helfen wolle. Verhandlungen unter Beteiligung Chinas – wie von Schuster vorgeschlagen – seien weltfremd: ?Weder wollen die Kriegsverbrecher verhandeln, noch sind Freiheit, Demokratie und Menschenrechte verhandelbar.“

Wie kann man eine Spirale der Eskalation verhindern und gleichzeitig die Eskalationsdominanz Russlands brechen? Auch hier gingen die Ansichten auseinander. Einem raschen und umfassenden Energieembargo – wie von R?wekamp gefordert - hielt Schuster entgegen, dass die gegenw?rtig so positive Einigkeit Europas durch ein Vorpreschen in dieser Frage nicht gef?hrdet werden dürfe und zudem bedacht werden müsse, wie lange die Bev?lkerung diesen Kurs auch mittr?gt. ?hnlich kontrovers waren auch die engagierten Wortmeldungen aus dem Publikum.

Gibt es auf Hoffnung für ein baldiges Ende dieses Konflikts?

?Ich habe keine Hoffnung. so der Historiker EichwedeIch rechne auf lange Zeit mit einem Konflikt, von dem ich nicht wei?, ob wir ihn als Kalten Krieg bezeichnen k?nnen oder ob wir uns in einer Vorkriegsepoche befinden.“

Einen Audiomitschnitt dieser spannenden Diskussion k?nnen Sie hier auf unserem YouTube-Kanal h?ren.

?Ingo Charton - Frank Imhoff
?Ingo Charton - Prof. Dr. Wolfgang Eichwede
?Ingo Charton - Dr. Joachim Schuster
?Ingo Charton - Christoph Sodemann
?Ingo Charton - Thomas R?wekamp