Buchvorstellung ?Aufbruchstimmung“

?So viel Aufbruch war selten in Bremen“, schreibt der Bremer Historiker Cornelius Torp am Anfang der jetzt von ihm herausgegebenen Monographie ?Aufbruchstimmung – Die Universit?t Bremen und das Projekt Hochschulreform“. Die Aufsatzsammlung beleuchtet das Spannungsfeld, in dem sich diese wohl profilierteste deutsche Reform-Uni der 1970er Jahre befand: Zwischen geradezu ungestüm experimentierfreudiger, oft auch heiterer Aufbruchsstimmung und einem ?finsteren Bild der linken Kaderschmiede“. Das sehr lesenswerte Buch wurde jetzt bei einer gut besuchten Podiumsdiskussion vorgestellt. Dabei hat sich ein Ph?nomen seit den Gründerjahren stabil gehalten: kritische Reflektion gepaart mit ausgelassener Heiterkeit.
?Wir waren gar nicht so in Aufbruchsstimmung“, sagte unser Alumnus Peter Senft in der Diskussionsrunde und meinte damit die wirklich allererste Generation von wenigen Hundert Studierenden, die 1971 an der Uni Bremen anfingen. ?Viele von uns kamen nach einer Lehre über den zweiten Bildungsweg und haben das Studium ganz nüchtern als n?chste Ausbildungsstufe betrachtet“. Tats?chlich landeten sie in einem bildungspolitischen Realexperiment, dessen endlose, aber auch inspirierenden Diskussionen schnell zu einem Markenzeichen wurden. Viele universit?re Strukturen erarbeiteten sich Lehrende und Studierende im Alltag und oft gemeinsam. ?Wir haben im Jura-Studium erst nach 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育eren Semestern eine Prüfungsordnung bekommen“, berichtete Senft. ?Das drittelparit?tische Mitbestimmungsmodell bedeutete: Es gab 275 Gremienpl?tze für 429 Studierende“. Staunendes Gel?chter bei den jüngeren Zuh?rer:innen. Die Mitbestimmung war natürlich ein zentraler Reformgedanke, so Torp, um die verkrusteten und den wissenschaftlichen Fortschritt hemmenden Strukturen der alten Ordinarienuniversit?ten zu überwinden. Bremen ist bei der Mitbestimmung in Deutschland vorgeprescht, viel weiter als andere Reform-Unis wie Konstanz oder Bielefeld. Doch 1976 wurden diese Ans?tze durch ein neues Hochschulrahmengesetz weitgehend zurückgedreht.
In den Debatten über die Reform-Unis werde oft übersehen, so Torp und sein Historiker-Kollege Moritz M?lzer, dass in der Nachkriegszeit die Studierendenzahlen explodierten - ein weltweiter Trend zur Durchsetzung eines Verwissenschaftlichungsparadigmas - und so ganz neue Strukturen des akademischen Betriebs notwendig machten, um die Studierendenmassen zu bew?ltigen.
Pr?gen die Reformbewegungen der frühen Jahre die Uni auch heute noch? ?Wir betreiben Wissenschaft und Forschung interdisziplin?r und aus einem gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstsein. Das geh?rt zur DNA der Universit?t Bremen“, so Uni-Rektorin Jutta Günther. Das spiegele sich auch in dem gerade erst ver?ffentlichten neuen Leitbild der Universit?t, das einen starken Fokus auf den Klimaschutz lege.
Mit dem Projektstudium und einer praxisbezogenen Lehrerausbildung habe die Uni Bremen damals ganz neue Ma?st?be gesetzt, stellte Helmut Zachau fest, Alumnus und bekannter studentischer Aktivist in den 1970er Jahren. Doch diese produktiven Reformen seien heute leider in den Hintergrund geraten.
Was ist im Alltag von den Reformen geblieben, wollte die kompetente Diskussionsleiterin Christine Strotmann von der Rektorin wissen. ?Ich muss im Unterschied zu vielen meiner Kolleg:innen in den Rektoraten, keine Amtskette tragen. Darüber bin ich sehr froh.“ Allgemeine Heiterkeit.


