Auf einen Espresso mit... Kai Rotermundt

Vom Zufall zum Zukunftsgestalter – wie ein Praktikum, 50 D-Mark und ein mutiger Schritt den Weg an die Universit?t Bremen ebneten. In seinem sehr pers?nlichen Rückblick erz?hlt Kai Rotermundt aus Achim, wie das Studium der Produktionstechnik ihn vom Rockband-Probenraum bis in Führungspositionen der Mobilfunkbranche führte und welche Empfehlungen er heutigen Studierenden mit auf den Weg gibt: neugierig bleiben, einfach anfangen und gemeinsam 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 erreichen. Ein Einblick in gelebte Aufstiegsgeschichte, Pioniergeist und die pr?gende Kraft der Bremer Uni-Kultur.
Warum haben Sie an der Universit?t Bremen studiert?
Ich komme aus einem Haushalt, in dem vor mir noch nie jemand studiert hat. W?hrend eines Praktikums, das mich eigentlich auf die Fachhochschule vorbereiten sollte, empfahl mir jemand den damals neuen Studiengang ?Produktionstechnik“. Am n?chsten Morgen nahm ich meinen Ausweis, 50 DM und mein Abiturzeugnis, ging zum Boulevard der Uni Bremen und stellte einen Antrag auf Teilnahme am Losverfahren. Eine Viertelstunde sp?ter war ich Student. Der Studiengang damals erst ein Jahr alt. Es gab interessante 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 zu technischen Herausforderungen mit lokalen Unternehmen, etwa mit Mercedes und Mars. Die Technik und Prozesse faszinieren mich bis heute.
Haben sich Ihre Erwartungen an der Uni dann erfüllt?
Ja und nein. Am Anfang fühlte sich vieles noch ein bisschen wie Schule an, bis ich gemerkt habe, dass der Stundenplan an der Uni Bremen eher eine Leitlinie ist und keine Vorschrift. Das Studium war damals noch lange nicht so verschult wie heute. Ich hatte Glück, dass sich schnell Leute für eine Lerngruppe gefunden haben. Einige hatten schon verschiedene technische Berufe gelernt, sodass wir uns gut erg?nzt haben. Ich konnte als Abiturient meine frischen Programmier- und Computerkenntnisse beitragen.
Welche Bedeutung hatte das Studium in Bremen für Ihren Karriereweg und sp?tere T?tigkeit?
Schon w?hrend des Studiums entdeckte ich meine Begeisterung für den Mobilfunk und durch 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere Praktika wurde mir klar: Da will ich hin. Als ich 1994 meinen Abschluss machte, startete ich direkt bei E-Plus, damals ganz neu am Markt. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der gesamten Bundesrepublik nur ca. 1,5 Millionen ?Handynutzer“. Für uns Berufseinsteiger war das ein weites Feld mit gro?em Handlungsspielraum, aber auch eine enorme Verantwortung.
Darauf war ich gut vorbereitet, denn das Studium an der Uni Bremen war stark selbstorganisiert. Man lernte, sich zu kümmern, Dinge auszuprobieren und Probleme eigenst?ndig anzugehen. Besonders die mündlichen Prüfungen im Hauptstudium der Elektrotechnik haben ein tiefes Verst?ndnis gefordert. Praktische Projekte (Arbeitsvorhaben) halfen mir ebenfalls dabei, das Gelernte zu vertiefen, besonders das wissenschaftliche Prinzip: Versuch, Irrtum, neuer Versuch. Dieses Denken hat mir auch sp?ter in der Industrie sehr geholfen.
Neben dem Studium konnte ich viel Musik in einer Rockband spielen und Plan A war auch eigentlich Rockstar zu werden. Wir haben selbst eine eigene Schallplatte produziert und da habe ich mich im Grunde auch schon mit Projektmanagement vertraut gemacht.
Ich war dann 10 Jahre bei verschiedenen privaten Mobilfunknetzbetreibern t?tig, zuletzt verantwortlich für den ganzen Netzaufbau von MobilCom im Gebiet von Sylt bis nach Polen. Seit Anfang 2004 habe ich mit unserer Ingenieurberatung die Beh?rden beim Aufbau des Digitalfunk BOS unterstützt und war sp?ter als Gesellschafter und Gesch?ftsführer selbst an der Firma beteiligt.
Was war in Ihrer Studienzeit an der Uni Bremen das Pr?gendste?
Was mir von Anfang an gut gefallen hat, war der Zusammenhalt der Studierenden. Man half sich gegenseitig, tauschte Skripte und Materialien, statt in Konkurrenz zueinander zu stehen. Treffpunkt war meist die damals von den Studis selbstorganisierte Mensa im NW1, wo viele Studenten auch jobben konnten. Schon damals – vor rund 40 Jahren – wurde dort aufgrund der internationalen Vielfalt oft vegetarisch gekocht.
Einzelne Professoren, Dozierende und Lehrbeauftragte sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Etwa Prof. Dr. Rüdiger Sch?fer, ein Physiker mit Praxiswissen aus Atomkraftverfahren, der Mathe unterrichtete. Oder Professor Dr. Fritz Arndt, der als Dozent für Hochfrequenztechnik echte Forschungseinblicke erm?glichte. Professor Dr. Laur, der unsere Diplomarbeit mit der Industrie betreute und in Nachrichtentechnik Professor Dr. Wasiljeff; der gesagt hat: ?Ich habe kein Skript. Das Skript schreibt ihr selbst w?hrend der Vorlesungen und bringt es zur Prüfung mit. Dann schauen wir zusammen, ob ihr den Stoff verstanden habt. Und lasst nicht zu viele schwierige Sachen weg – ich wei?, was ich in der Vorlesung gesagt habe.“ Man hatte dann in der Prüfungssituation eher eine wissenschaftliche Diskussion – natürlich nicht direkt auf Augenh?he, aber trotzdem ganz anders. Und diese Art von Lehre war glaube ich etwas, was es an anderen Unis nicht gab. Das fand ich gut.
Was verbinden Sie heute noch mit der Universit?t und Stadt Bremen?
Da ich schon immer in Achim lebe, hatte ich von Anfang an eine enge Verbindung zu Bremen. Für mich war die Stadt schon immer ?the place to be“ – sie bietet einfach alles: eine Universit?t, Fachhochschulen, ein vielf?ltiges Kulturangebot mit Kinos und Konzerthallen und natürlich den weltbesten Fu?ballverein.
Obwohl ich nach dem Studium nie direkt in Bremen gearbeitet habe, war die N?he zur Stadt für mich immer ein gro?er Vorteil. Bremen ist verkehrstechnisch hervorragend angebunden. Von Achim aus bin ich in wenigen Minuten dort, aber auch Hannover und Hamburg sind schnell zu erreichen. Dazu kommt der starke Wirtschaftsraum in der Region mit St?dten wie Oldenburg, Osnabrück oder Bremerhaven quasi direkt vor der Haustür. Ich finde, hier zu leben ist wirklich ein Privileg.
Was würden Sie aus Ihrer Rückschau der eigenen Erfahrungen heutigen Studierenden empfehlen?
Was ich auf jeden Fall empfehlen kann: neugierig bleiben, lebenslang lernen und sich immer weiterentwickeln. Ich sto?e immer wieder auch auf inspirierende Gedanken, zum Beispiel von Vera F. Birkenbihl. Sie r?t, sich abends fünf positive Dinge des Tages und eine neue Erkenntnis aufzuschreiben. Das steigert die Motivation und macht einem bewusst, wie viel man t?glich dazulernt, selbst durch einen kurzen Blick in ein Lexikon oder einen Wikipedia-Artikel.
Aus meiner Sicht ist es wichtig, sich an der Hochschule ein gutes, breites Grundlagenwissen und die F?higkeiten zum selbstst?ndigen Arbeiten anzueignen. Sp?ter kann man sich spezialisieren. Ich habe vor einiger Zeit ein Teammodell kennengelernt, bei dem es darum geht, ein m?glichst breites Wissen zu haben und in einem Bereich besonders tief einzutauchen. So k?nnen Teams besser zusammenarbeiten, weil man versteht, was links und rechts von einem passiert, und nicht nur im eigenen Fachgebiet denkt.
Was ich ebenfalls wichtig finde: Den richtigen Sweetspot zwischen Planung und Umsetzungsstart zu finden. Nicht zu lange diskutieren, sondern handeln. Mit 85?% Klarheit loszugehen ist besser, als auf die perfekte L?sung zu warten. Denn die sieht man am Anfang ohnehin nicht. Besser anfangen, dabei stets aufmerksam bleiben und bereit sein, unterwegs den Kurs anzupassen.