Stellungnahmen
INPUTS Statement zum Krieg im Nahen Osten
Wir sind erschüttert über die Hamas-Massaker an jüdischen Menschen am 7. Okt 2023 und die andauernden Hamas-Angriffe auf die israelische Bev?lkerung. Das Leid der Geiseln und Get?teten, ihrer Angeh?rigen und Freunde und der israelischen Bev?lkerung ist schmerzhaft und hat unser uneingeschr?nktes, solidarisches Mitgefühl. Das Leid der pal?stinensischen Bev?lkerung im Gaza-Streifen infolge der israelischen Gegenoffensive, der vielen get?teten, verletzten, geflüchteten und nun澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 obdachlosen pal?stinensischen Zivilist:innen hat ebenso unser uneingeschr?nktes, solidarisches Mitgefühl.
Wir sind geschockt über den stark wiederaufkeimenden Antisemitismus und die grassierende Islamophobie in Deutschland und der Welt, die der neue Krieg verursacht hat; und wir positionieren uns entschieden dagegen. Wir verurteilen jede Art von Antisemitismus, Islamophobie, und terroristische und milit?rische Gewalt gegen Zivilist:innen.
Gleichzeitig sind wir sehr besorgt über die Entwicklung der ungleichen, reduzierenden und polarisierenden ?ffentlichen Diskurse in Deutschland. Als kritische Wissenschaftler:innen sind wir verantwortlich für kontextbasierte und historisierte Diskussionen, die (kolonial-)historische, politische, kulturelle und religi?se Hintergründe aller Ph?nomene und Ereignisse analysieren und so demokratische und kritische Bildung erm?glichen, die der Komplexit?t von Weltereignissen Rechnung tr?gt sowie diverser kultureller, religi?ser und politischer Positionen und epistemischer Pluralit?t.
Wir wehren uns vehement gegen ungerechtfertigte Beanspruchungen der postkolonialen Studien, in deren Namen antisemitische Gedanken verbreitet werden; gleichzeitig wehren wir uns vehement gegen Unterstellungen, dass postkoloniale Studien grunds?tzlich antisemitische Positionen deckten. Nach unserem Verst?ndnis sind antisemitische und islamophobe Positionen mit postkolonialen Theorien unvereinbar. Historisch sehen wir Kontinuit?ten vom Kolonialismus, milit?rischer Gewalt, Genozid und Konzentrationslagern in deutschen Kolonien in Afrika zu antisemitischen und menschenverachtenden Verbrechen des Nazistaates 1933-45, die in der Internierung von jüdischen und anderen Menschen in Konzentrationslagern und dem Horror des Holocausts, der bewussten Vernichtung von jüdischen und anderen Menschenleben, gipfelten.
Wir sprechen uns entschieden gegen Gewalt jeglicher Art gegen alle Menschen aus. Wir rufen zur Beendigung des Krieges im Nahen Osten durch diplomatische Mittel auf, zum entschiedenen Widerspruch gegen Antisemitismus und Islamophobie und zur Entwicklung von R?umen für kontextbasierte, historisierte und pluriversale Diskussionen und Bildung.
Kerstin Knopf (1. Sprecherin INPUTS)
Spendenaufruf zur Unterstützung der Black Lives Matter-Bewegung
Wie auch mittlerweile vielfach in der deutschen Presse berichtet und diskutiert, protestieren in den Vereinigten Staaten und weltweit Millionen von BürgerInnen. Sie fordern ein Ende der m?rderischen Polizeigewalt gegen schwarze Menschen und der strukturellen, institutionellen antischwarzen Gewaltverh?ltnisse, die als Nachleben der Versklavung den Alltag der schwarzen Bev?lkerung bestimmen. Wie sehr diese ungebrochene Gewalt alle Lebensbereiche dominiert, hat sich gerade in den letzten Monaten wieder gezeigt, in denen schwarze Menschen in skandal?s h?herer Zahl an Covid-19 erkrankt und gestorben sind, was den strukturellen Ausschluss schwarzer Menschen von den ohnehin prek?ren Versorgungsleistungen des amerikanischen Staates für seine BürgerInnen deutlich macht. Diese k?mpferische Bewegung, die inzwischen das ganze Land erfasst hat, hat es trotz massivster Einschüchterungen durch Polizeiterror und juristische Verfolgung bisher geschafft, dass alle vier Polizisten, die für die Ermordung George Floyds verantwortlich sind, angeklagt sind. Sie wird weiterk?mpfen, um weitergehende antirassistische Forderungen mit dem Fernziel ?abolish the police“ durchzusetzen.
Zun?chst einmal ist dieser Protest aber durch die faschistische Politik Pr?sident Trumps in h?chstem Masse gef?hrdet, der mit der Ankündigung: ?when there is looting, there will be shooting“ und der bereits erfolgten Stationierung von Armeeeinheiten in amerikanischen St?dten den Einsatz von Milit?r gegen die eigene Bev?lkerung androht. Dies ist nur die letzte Eskalation Trumpscher absoluter Skrupellosigkeit in der Durchsetzung seiner Interessen, um um jeden Preis wei?e gesellschaftliche und ?konomische Machtverh?ltnisse immer unverhüllter zu st?rken und aggressiv auszubauen. Hierbei schreckt Trump auch nicht vor der ?ffentlichen Unterstützung wei?er Milizen zurück. Hierüber wurde eine breite Diskussion in liberalen Kreisen der amerikanischen ?ffentlichkeit und ihren Organen und Institutionen (Presse, Bildungswesen, Kulturinstitutionen) angeschoben, die – auch angesichts der dieses Jahr anstehenden Wahlen – für eine Demontage des Systems Trump votieren. Die Black Lives Matter-Bewegung wird allerdings nicht die Stra?en verlassen, denn es hat sich gezeigt, dass nur ihre K?mpfe und radikaler ?ffentlicher Druck überhaupt die Verteidigung des Lebens und der Bürgerrechte der schwarzen Bev?lkerung auf die Tagesordnung setzen k?nnen. So sieht sich die wei?e Mehrheitsbev?lkerung der USA ein weiteres Mal in der inzwischen jahrhundertelangen Geschichte des schwarzen Befreiungskampfes mit der Frage konfrontiert: Auf welcher Seite steht ihr denn? Es ist diese Bewegung, die ein weiteres Mal klargestellt hat, dass die Ermordung George Floyds und Breonna Taylors und so vieler anderer keine skandal?sen Einzelf?lle sind, die zu spontaner, aber schnell verpuffender Emp?rung führen, sondern zwei der unz?hligen F?lle, die die systemische antischwarze Gewalt einer wei?en amerikanischen Mehrheitsgesellschaft offenbaren, für die schwarzes Leben keinen menschlichen Wert hat, wie es schwarze Aktivisten und Intellektuelle – von Fredrick Douglass über James Baldwin zu Frank Wilderson, und von Harriet Brent Jacobs zu Angela Davis zu Toni Morrison und Cristina Sharpe und den schwarzfeministischen Organisatorinnen der Black Lives Matter-Bewegung, um nur einige hier zu nennen – seit Jahrzehnten anprangern.
Wie europ?ische, und auch deutsche, schwarze Organisationen, Initiativen und AktivistInnen deutlich gemacht haben, ist dieser strukturelle Rassismus eine transnationale Praxis. Auch die bundesdeutschen gesellschaftlichen (politischen, kulturellen und sozialen) Strukturen – wie zum Beispiel gerade der Bildungssektor – reproduzieren den Ausschluss schwarzer Menschen. Auch bei uns wird seit Jahrzehnten von der schwarzen Community die Beseitigung dieses systemischen Rassismus gefordert. Niemand kann sich 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 auf eine Position unschuldiger Unwissenheit zurückziehen. Die Situation erfordert nicht nur Solidarit?tserkl?rungen, sondern massive politische Interventionen – dies wird ein Kampf sein, der nicht in einigen Monaten wieder aus den Aufregungsschleifen der Medien verschwindet. Im Augenblick fordert die Black Lives Matter-Bewegung Hilfe von ihren UnterstützerInnen, so dass ihre Arbeit finanziell abgedeckt werden kann; es werden immense Summen gebraucht, um vor allem Prozesskosten, aber auch Unterstützung für inhaftierte AktivistInnen zu finanzieren.
Deshalb ruft das INPUTS an der U Bremen dazu auf, an folgende Organisationen zu spenden:
Unterstützung für inhaftierte Frauen: https://donorbox.org/operationrestoration
Bail out Fund: https://actionnetwork.org/fundraising/louisville-community-bail-fund/
澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育: https://www.aaihs.org/status-of-the-bail-funds/
Memento
Am 9. Juli 2015 begehen wir den 100. Jahrestag des Endes der deutschen Kolonialherrschaft im heutigen Namibia. Diese begann, als im Auftrag des Bremer Tabakh?ndlers Adolf Lüderitz am 1. Mai 1883 die Bucht von Angra Pequena (Lüderitzbucht) und 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere Kilometer Hinterland vom Volk der Nama für einige hundert Pfund und Gewehre ?erworben‘ wurde. Dieses Gebiet wurde schnell erweitert und eine deutsche Kolonialverwaltung im sogenannten Deutsch-Südwestafrika installiert; die Herero, Nama, San, Damara und Owambo bildeten die indigene Bev?lkerung, die nach einem hegemonialrassistischen Verst?ndnis unterjocht und teilweise in sklaven?hnlichen Zust?nden auf deutschen Farmen zur Arbeit gezwungen wurden. Deutsches Interesse galt neben der Besiedlung des Landes, Landwirtschaft und Viehzucht auch der Aneignung und dem Handel mit Mineralien wie Diamanten und Kupfer. Die Herero und Nama, die sich vor allem durch betrügerische gro?r?umige ?Landk?ufe‘ der Deutschen zunehmend ihres Landes beraubt und ihre Existenz durch skrupellosen ?Handel‘ und menschenverachtende Kolonialpolitik massiv bedroht sahen, erhoben sich 1904 zu Aufst?nden gegen die deutsche Kolonialherrschaft, die blutig niedergeschlagen wurden. Generalleutnant Lothar von Trothas Ziel der v?lligen Vernichtung des ?Gegners‘ resultierte in einer gnadenlosen Verfolgung, T?tung und Internierung der ?berlebenden, welche die Herero- und Namabev?lkerungen entmenschlicht und gravierend reduziert hat. Ein Zitat aus von Trothas Vernichtungsproklamation im Namen des deutschen Kaisers vom 2. Oktober 1904 zeigt die genozidale Intention des deutschen Milit?rs: ?Das Volk der Herero muss jedoch das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr dazu zwingen. Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und Kinder 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück, oder lasse auf sie schie?en.“ Damit beging die kaiserliche Schutztruppe V?lkermord an den Herero und sp?ter an den Nama.
Das INPUTS unterstützt in vollstem Masse die Petitionen des Bündnisses ?V?lkermord verj?hrt nicht!“ und des genocide-namibia.net ?V?lkermord ist V?lkermord!“, die den Bundespr?sidenten, den Bundestag und die Bundesregierung auffordern, am 9. Juli 2015 den V?lkermord an den Herero und Nama anzuerkennen, um eine offizielle Entschuldigung zu bitten, sich für eine Rückgabe der nach Deutschland verschleppten Gebeine von Menschen aus Namibia einzusetzen sowie einen bedingungslosen und offenen Dialog über Vers?hnungsma?nahmen mit den Nachfahren der Genozidopfer und der namibischen Regierung zu führen. Nur so, und mit entsprechender Einbindung dieser Themen in Schule und Wissenschaft, kann Deutschland beginnen, seine koloniale Vergangenheit in Afrika aufzuarbeiten.
Gastkommentar von Kerstin Knopf im Weser Kurier vom 9. Juli 2015